Hinweisbeschluss Deutschland: Gericht bestätigt Ärztepflicht bei FUE – Schadenersatz nach misslungener Haartransplantation zugesprochen

Narben und extreme Ausdünnung Haarkranz - schlechte FUE Haartransplantation - Hairforlife.ch
Verpfuschte Haartransplantation - künstliche unnatürliche Haarlinie - Hairforlife.ch

In der täglichen Praxis meiner Beratungstätigkeit erreichen mich regelmäßig Berichte von Patienten, die nach einer Haartransplantation mit schwerwiegenden Folgen zu kämpfen haben. Häufig geht es dabei um:

  • Unnatürlich wirkende Haarlinien
  • Massive Ausdünnungen im Spenderbereich
  • Psychisch belastende Misserfolge beim Haarwachstum

Viele stellen sich dann die Frage: Gibt es rechtliche Möglichkeiten, wenn eine Haartransplantation nicht fachgerecht durchgeführt wurde?

Ein aktueller Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm in Deutschland zeigt: Ja und zwar sehr deutlich.

Urteil aus Deutschland mit Signalwirkung: Fehlerhafte Haartransplantation durch Hilfspersonal führt zu Schadenersatz

In dem nun öffentlich gewordenen Fall ging es um eine Haartransplantation nach der FUE-Methode, bei der große Teile der Operation nicht von einem Arzt, sondern von nichtärztlichem Hilfspersonal durchgeführt wurden – darunter sowohl die Graft-Entnahme als auch das Setzen der Empfangsöffnungen.

Die Folgen für den Patienten:

  • Sichtbare Schäden im Spenderbereich („Mottenschäden“)
  • Dauerhafte optische Beeinträchtigungen
  • Psychische Belastung

Besonders heikel: Der Betroffene war davon ausgegangen, dass ein Arzt die zentralen OP-Schritte übernimmt . Eine vollständige Aufklärung über den tatsächlichen Ablauf hatte nicht stattgefunden.

Das Gericht urteilt klar: FUE-Schritte sind in Deutschland ärztliche Kernleistungen

Das OLG Hamm stellte unmissverständlich fest:

  • Die Durchführung der Graft-Entnahme und das Erstellen der Slits dürfen in Deutschland nicht an Assistenzpersonal delegiert werden – auch nicht bei FUE.
  • Selbst wenn in der Branche gewisse Abläufe üblich sein mögen, entbindet dies nicht von der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben.
  • Das Gericht stützte sich unter anderem auf medizinische Leitlinien der ISHRS sowie auf Gutachten erfahrener Haarchirurgen (u.a. Dr. Neidel).

Dem Kläger wurden 8.000 € Schmerzensgeld sowie die Rückerstattung des Honorars (6.000 €) zugesprochen. Zusätzlich wurde festgestellt, dass die Klinik für künftige materielle und immaterielle Schäden haftet. Auch die voraussichtlichen Kosten für notwendige Korrektureingriffe in Höhe von rund 20.000 € wurden im Feststellungswege berücksichtigt.

Besonders bemerkenswert: Ein von der beklagten Klinik eingeholtes Privatgutachten, das die Delegation juristisch zu rechtfertigen versuchte, wurde vom Gericht klar verworfen.

Anwaltlicher Beistand entscheidend – Interview mit Medizinrechtler Christoph Bomke

Der Berliner Rechtsanwalt Christoph Bomke, mit dem ich seit vielen Jahren im Austausch stehe, hat bereits zahlreiche Betroffene nach fehlerhaften Haartransplantationen rechtlich vertreten.

Bereits Anfang 2024 konnte ich mit ihm ein ausführliches Experteninterview führen, in dem wir genau diese Problematik beleuchten – inklusive Pflichtenlage in Deutschland, Aufklärungsvorgaben und rechtlicher Möglichkeiten bei Missständen:

Zusätzliche Hintergründe und Empfehlungen:

Auch medial ein Thema: Experteneinschätzungen über die Risiken einer Haartransplantation im Schweizer Blick

Andreas Krämer von Hairforlife.ch - Interview zu Haartransplantation vom Blick in Print sowie online
Andreas Krämer von Hairforlife.ch – Interview zu Haartransplantation & Risiken vom Blick in Print sowie online

Am 25. Juni 2025 wurde ich vom Schweizer Nachrichtenportal Blick.ch als unabhängiger Experte zum Thema Haartransplantationen und Risiken interviewt.

Im Artikel „Haartransplantationen trenden – ein Experte über Chancen und Risiken“ (hinter Paywall) weise ich auf die wachsende Banalisierung und kommerzielle Vermarktung dieser Operation hin – sowohl im Ausland als auch in der Schweiz.

In einem anderen Artikel in der gleichen Zeitung wurde ich auch über die wachsende Zahl von Behandlungen im Ausland zitiert:
„Haartransplantationen boomen – Betroffene erzählen: Es war reine Folter“

Fazit: Was Patienten wissen sollten

  • Vor dem Eingriff genau klären, wer welche OP-Schritte übernimmt.
  • In Deutschland dürfen zentrale chirurgische Leistungen nicht von nicht-ärztlichem Personal ausgeführt werden.
  • Bei schweren Behandlungsfehlern bestehen realistische Chancen auf rechtliche Wiedergutmachung.

Auch eine SRF-Reportage aus der Schweiz zeigt eindrücklich, wie belastend eine misslungene Haartransplantation für Betroffene sein kann, insbesondere, wenn unklar bleibt, ob ein Arzt oder ein nicht-ärztliches Team die OP durchgeführt hat: https://www.srf.ch/news/gesellschaft/haartransplantation-misslungen-mir-geht-es-schlecht-ich-habe-viel-bezahlt-und-bin-unzufrieden

Auch aus Sicht der Schweizer Behörden und Fachgesellschaften eindeutig

Gemäß der International Society of Hair Restoration Surgery (ISHRS) handelt es sich bei Haartransplantationen um medizinische Eingriffe, bei denen insbesondere folgende fünf Schritte ausschließlich durch Ärztinnen oder Ärzte durchgeführt werden sollten:

Die ISHRS nennt fünf Schritte, die ausschließlich Ärzten vorbehalten sein sollten:

  1. Diagnosestellung des Haarausfalls
  2. Langfristige Planung und Konzept
  3. Lokale Betäubung
  4. Entnahme der Grafts
  5. Setzen der Schnitte für die Grafts

Diese ärztliche Verantwortung wird auch im offiziellen Positionspapier der ISHRS eindeutig betont.

Auch Dr. Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und -ärzte der Schweiz, betont:

„Der eigentlich therapeutische Eingriff mit seinen Begleitmassnahmen (etwa die Lokalanästhesie) stellt eine typische ärztliche Tätigkeit dar, die somit Arztpersonen vorbehalten sein muss.“

Ein herzliches Dankeschön an Rechtsanwalt Christoph Bomke für seinen Einsatz für betroffene Patienten.

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